Ein Besuch des Hipódromo Miguel Salem Dibo
Ein Bericht von Nikolaus Matzka
Von 18. bis 27. Oktober besuchte ich Ecuador, jenes südamerikanische Land, durch das sich – nomen ... – der Äquator zieht. Ecuador ist in vielerlei Hinsicht ein enormer Reiseplatz, es ist das artenreichste Land der Erde, wenngleich die Fläche vergleichsweise klein ist. Doch durch die einzigartige Topographie kann es vier völlig unterschiedliche geographische Regionen aufweisen: Den Küstenbereich des Pazifischen Ozeans im Westen des Landes mit der einwohnerreichsten Stadt (Guayaquil), das Andenhochland mit der Hauptstadt Quito (die höchstgelegene Hauptstadt der Welt – 2800 Meter – wurde 1978 als erste Stadt überhaupt in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen) sowie den Vulkanen Chimborazo (6.268m, nicht mehr aktiv) und Cotopaxi (5.897m, aktiv), das Amazonasdschungel-Tiefland im Osten sowie die etwa 1.000 Kilometer von der Küste entfernten Galápagos-Inseln.
Ich beließ es bei ersteren zwei Destinationen, alles andere hätte den Zeitrahmen gesprengt. Am Sonntag, 22. Oktober, konnte ich nun nach Singapur (2000), Bangkok (2002) und Panama (2015) eine weitere „exotische” Galopprennbahn besuchen, dies freilich immer nur in Ermangelung von Trabern oder Pacern in diesen Ländern ...
Dennoch ist es stets faszinierend, das Lokalkolorit an diesen Plätzen, an denen sich keinerlei Touristen aufhalten (anders war das schon in Singapur und ist schon gar nicht zu vergleichen mit Hong Kong), aufzusaugen und etwas über den Sport zu erfahren, wenngleich bei den Einheimischen naturgemäß das Wetten im Vordergrund steht.
Aber nicht nur. Auch auf dieser Rennbahn, kurz Hipodromó Nacional genannt, gibt es zwei Besucherzonen. Wir mischten uns vorerst unter das „gemeine Volk” auf der unverglasten großen Tribüne (freier Eintritt) und trafen ausgesprochen freundliche und hilfsbereite Menschen, die uns etwa unaufgefordert mit einem Rennprogramm versorgten und versuchten, unseren Aufenthalt so komfortabel wie möglich zu gestalten.
Die Rennbahn – es ist die einzige im Land – liegt in der Nähe der größten Stadt Ecuadors, Guayaquil, die, in der Nähe des Pazifiks gelegen, ein tropisches Klima aufweist (aus diesem Grund leben dort über 120 freilaufende Leguane im „Parque Seminario”). Ich flog also von Quito nach Guayaquil, wobei ein Flug selten so viel Sinn macht wie hier. Die Flugzeit über die Anden ist 35 Minuten, während der Bus 10 Stunden benötigt und mit allem Drumherum letztlich kaum günstiger ist. Seit 2013 gibt es auch wieder eine Zugverbindung zwischen den beiden Städten, allerdings ist dieser „Teufelszug” für touristische Zwecke gedacht und benötigt für die – sicher höchst sehenswerte – Strecke 4 Tage.
Zurück zur Rennbahn. Wir wechselten in die verglaste Tribüne, die klimatisiert ist (Eintritt: 5 Dollar). Dort sitzen in Logen die Großbesitzer bzw. auch Politiker, was oftmals Hand in Hand geht, wie man uns erklärte. Weiters konnten wir folgende Fakten ausfindig machen:
– Das Hipodromó Miguel Salem Dibo wurde am 11. Oktober 1981 eröffnet und sieht heute schon reichlich abgewohnt aus, hat aber auf der offenen Seite einen gewissen Charme. Zuvor gab es in Ecuador Galopprennsport seit 1957 auf einer anderen, nicht mehr existierenden Rennbahn in Guayaquil.
– Es gibt ein weltweit anerkanntes Zuchtbuch, das von einer von der Rennbahn unabhängigen Organisation herausgegeben wird.
– Zurzeit gibt es 4 Großzüchter für den ecuadorianischen Galoppersport, die aber auch Jungpferde importieren (da vor allem aus den USA, Argentinien oder dem benachbarten Peru). Daneben züchten kleinere Züchter auf eigene Rechnung, auch deren Nachkommen sind im Zuchbuch eingetragen.
– Über zwei Dutzend Deckhengste gibt es in Ecuador.
Betrachtet man das Rennprogramm vom 22. Oktober, so setzten sich die Nationalitäten der Pferde wie folgt zusammen:
41% Ecuador
27% Peru
20% USA
12% Argentinien
Die Tageskarte umfasste insgesamt acht Rennen, begonnen wurde sie mit 7 nationalen zweijährigen Pferden über eine Distanz von 300 Meter (!) – eine enorme Tempobolzerei für die Youngsters. Die weiteren Bewerbe wurden über Distanzen von 1100 Meter (5 Mal) sowie 1200 und 1400 Meter gelaufen.
PS
Apropos Cotopaxi: Erfahrene Rennbahnbesucher werden sich an einen Traber selbigen Namens erinnern, er stammte von Goldstern a.d. Cypresse S v. Wulf und war Derbystarter für Franz Lettmüller.
2017_11