Ein Super-Pedigree von morgen?
Durchaus noch passend zur Prix-d’Amérique-, Prix-de-France- und Prix-de-Paris-Show von Bold Eagle mit dem sagenhaften PdA-Rennrekord von 1:11,2 über 2700 Meter bergab-bergauf, kam die Nachricht einer Geburt eines wahren Superfohlens. Wir wollen das Pedigree analysieren und fragen uns, ob Bold Eagle denselben Hype als Vaterpferd wird auslösen können wie sein Vater Ready Cash.
Starten wir bei der Vaterlinie. Es ist die Linie des grandiosen Amerikaners Star´s Pride, über dessen Sohn Nevele Pride bzw. Enkel Bonefish es in diesem Fall zu Mickey Viking geht, einem Stallion, der in seinem Heimatland USA wohl kaum Chancen als Stallion erhalten hätte, für Frankreich allerdings Gold wert war. Er zeugte aufgrund seines frühen Todes nur einen Jahrgang (1987), der aber hatte es in sich. Auf Seiten der Stuten sah man u.a. Valacina, Mutter des Deckhengstes Ginger Somolli (Vater von Rapide Lebel), Vara du Chatelet, Mutter von Quilon du Chatelet (721.430 EUR v. Giant Cat), sowie die Deckhengste Viking de Bellouet, Muttervater von Marathon Man (823.250 EUR v. Tadzio de la Motte), Viking Sun, u.a. Muttervater eines der erfolgreichsten norwegischen Pferde aller Zeiten, Viking Va Bene (1:10,2 – 5,6 Millionen NOK v. Rite On Line), vor allem aber natürlich den kapitalen Viking´s Way. Dieser brachte mit dem Prix-d´Amérique-Sieger Jag de Bellouet (1:09,9 – 4,2 Mio. Euro) einen der besten und gewinnreichsten Franzosentraber aller Zeiten, mit Niky (nach wie vor ein sehr gefragter Deckhengst), Joyau d´Amour und Holly du Locton weitere Großverdiener bzw. auch in Schweden mit Lass Inspiration, Namarra Boko sowie Pau Kronenmillionäre. Und Viking´s Way brachte in seinem Jahrgang 1996 die Hengste Imoko (mit rund 132.000 Euro an Gewinnen mäßig erfolgreich für einen französischen Stallion) sowie Indy de Vive (mit 476.000 Euro deutlich erfolgreicher). Beide stammen übrigens aus ursprünglich US-amerikanischen Mutterlinien, Imoko aus jener der in den 1860er-Jahren geborenen Lady Gray v. Abdallah, Indy de Vive aus jener der Lady Pierce, geboren 1845. Ersterer wurde Vater von Timoko, gewinnreichster Franzose aller Zeiten bis dato, Indy de Vive brachte Ready Cash, augenblicklich eine Ausnahmeerscheinung in Europas Traberzucht.
Dazu ein kurzer Vergleich zwischen Vater und Sohn bezüglich Prozentsatz US/Französisches Blut bzw. die Mutterlinien mit links zu den jeweils erfolgreichsten Nachkommen:
Ready Cash:
54% FR - 46% US, Mutterlinie: Rosine
Bold Eagle:
53% US - 47% FR, Mutterlinie: Reveuse
Bei Betrachtung der größten Erfolge der Mutterlinien fällt also sofort auf, dass bei beiden maternalen Linien (Rosines Mutterlinie ist extrem alt, sie selbst wurde in den 1840er-Jahren geboren, Reveuse ist vergleichsweise jung, sie wurde in den 1910er-Jahren geboren) bloß drei Nachkommen wirklich hervorstechen, was für die lange Zeitspanne insgesamt eher dürftig erscheint.
Rosine:
Podosis (v. Florestan), Jag de Bellouet (v. Viking´s Way), Ready Cash (v. Indy de Vive)
Interessant ist, dass Ready Cash und Jag de Bellouet tatsächlich erst bei der Stammmutter Rosine im Pedigree zueinander finden – Ready Cash geht auf deren 1860 geborene Tochter Malvina zurück, Jag de Bellouet auf die in den 1850er Jahren geborene Rosine-Tochter La Petite Voltaire –, während etwa Ready Cash und der frühere französische Hengstechampion Podosis „schon” bei der 1930 geborenen Ismenide aufeinandertreffen.
Reveuse:
Reine du Corta (v. Ura), Bold Eagle (v. Ready Cash), Brillantissime (v. Ready Cash)
Alle drei Spitzentraber – Reine du Corta war eine absolute Sattelkönigin – treffen sich schon sehr früh im Pedigree, bei der 1977 geborenen Legende du Corta. Nicht vergessen haben wir auf den Euro-Millionär und Monté-Star Risque Tout v. Giant Cat, dieser bleibt als Wallach für die Nachwelt jedoch wirkungslos.
Wir wollen an dieser Stelle auch auf den hervorragenden Artikel über Bold Eagle bzw. dessen Vater Ready Cash unseres deutschen Kollegen Jürgen Gaßner hinweisen, der auf die weiteren Details der Bedeckungen von Vater Ready Cash & Sohn Bold Eagle eingeht. Nicht unerwähnt soll auch bleiben, dass den Franzosen mit den B-Trabern wieder einmal ein Jahrhundert-Jahrgang gelungen ist: Bold Eagle (Timoko wird sich seines Ranges als gewinnreichster Franzosentraber aller Zeiten bei bleibender Gesundheit von Bold Eagle wahrscheinlich nur für kürzere Zeit erfreuen können), Billie de Montfort, Bird Parker, Belina Josselyn, Brillantissime, Best of Jets, Briac Dark, uvm.
Somit zur Mutter Tamla Celeber. Ein tolles Rennpferd, das einen Speedwirbel entfachen konnte, wie es der Autor dieser Zeilen selten gesehen hat, erfolgreich in Skandinavien und Nordamerika, eher unglücklich bei ihren Auftritten in Frankreich.
Tamla Celeber brachte bislang ein 2015 Fohlen nach Muscle Hill, einen Hengst namens Forfantone Am, welches auf den Kolgjini-Sales von 2016 um 2,7 Millionen Schwedenkronen (ca. 282.000 Euro) an Lennart Ågren verkauft wurde, dies war der höchste je erzielte Auktionspreis in Schweden bislang. 2016 gab es keinen Nachkommen, das Fohlen von 2017 gibt bei unseren schwedischen Freunden Anlass dazu, einen möglichen Auktions-Rekordpreis von jenseits der 300.000 Euro zu erzielen.
Nun, selbstverständlich hat das Fohlen zwei Traber allererster Güte als Eltern, bei Kolgjinis Auktion geht es für schwedische Verhältnisse auch schon einmal ordentlich rund, warum also nicht? Betrachten wir aber das Pedigree:
Aus welchen Gründen immer, ist in Schweden bei vielen Züchtern eine nahe Inzucht im Pedigree nicht sonderlich beliebt, obwohl gerade diese oft der Schlüssel zum Erfolg eines Pferdes ist (weil es gerade so gut dazu passt, nebenstehend die Pedigrees von Ready Cash und Bold Eagle, man beachte das Linebreeding auf Florestan bzw. Workaholic, unseres Erachtens der Schlüssel zu deren Erfolg ...). Die erste Inzucht, die man beim Pedigree des Fohlens von Bold Eagle und Tamla Celeber sieht, ist ein 6x4-Linebreeding auf Super Bowl, verschwindend in der heutigen Zeit, vor allem bei US-Pedigrees. Die Mutterlinie der Stute ist jene der US-Amerikanerin Maud (v. Harold Mambrino), geboren im Jahr 1881. Diese Linie ist in ihrem Heimatland praktisch ausgestorben, während sie früh nach Europa kam und dort einen interessanten und durchaus erfolgreichen Fortgang antrat, kurz in Deutschland, später praktisch nur mehr in skandinavischen Ländern. Mauds Enkelin Azora Axworthy (*1908) wurde vorerst nach Deutschland verschifft und brachte dort 1922 die Stute Zora (deren Halbbruder Zaunkönig, geb. 1925, einer der erfolgreichsten Traber seiner Zeit in Deutschland war), nach kurzem Aufenthalt ebendort nach Schweden exportiert. Zoras Zweig brachte später in Schweden Ausnahmetraber wie Seth Bowl 1:12,2 – 6 Mio. SEK (v. Born Quick), Acclaim 1:11,5 – 7,5 Mio. SEK (v. Super Arnie) und vor allem Conny Nobell 1:09,9 – 14 Mio. SEK (v. Pearsall Hanover).
Zoras 1924 in Dänemark geborene Halbschwester Azalie ist Ausgangspunkt solcher Spitzentraber wie Nursery Rhyme 1:11,4 – 3,3 Mio. SEK (v. Credit Winner), Origo Giant 1:11,8 – 2,1 Mio. SEK (v. Giant Chill), der norwegischen Spitzenstute Winnie Laylock 1,6 Mio. NOK (v. Another Miracle), Viroid 1:12,2 – 1,5 Mio. SEK (v. Vibrante) sowie eben Tamla Celeber 1:10,2 – 8,3 Mio. SEK (v. Cantab Hall). Erwähnt soll aber auch die dänische Derbysiegerin von 1954, Princess the Great (v. Rex the Great) sein, eine Traber-Heroine ihrer Zeit in Dänemark, leider ohne Nachkommen geblieben.
Insgesamt sind dies jedoch freilich nur die Speerspitzen einer Mutterlinie, die im Vergleich zu den großen US-Linien doch sehr weit streut und nur ab und zu einen wahren Volltreffer landet. Möge der kleine Hengst mit der großen Blesse und den tollen Eltern schon in Bälde dazugehören.
2017_03