Father Patrick und Shake It Cerry wieder in aller Munde – aus verschiedenen Gründen...
Wie unterschiedlich nach wie vor der Trabrennsport in Europa und den USA tickt, sieht man augenblicklich an Father Patrick, dem dreijährigen „Traber des Jahres” bei den Hengsten/Wallachen in den USA. Da wird viel Wind gemacht ob der Doppelbelastung Rennpferd/Deckhengst des Cantab-Hall-Sohnes, einer „Belastung”, der europäische Hengste, da vor allem in Frankreich und Schweden, schon lange Zeit „ausgesetzt” sind. Nun muss man aber natürlich differenzieren und auch die Hintergründe erwähnen.
Es ist ja bekannt, dass im nordamerikanischen Sport nach wie vor extrem auf Frühreife hingezüchtet wird, die Spitzenpferde hatten oder haben bereits nach der Dreijährigen-Saison alles hinter sich, vor allem bei den Spitzenhengsten geht nun das noch viel lukrativere Geschäft des Bedeckens los. Dem wollte Jeff Gural, mächtiger Mann von The Meadowlands bzw. des Sportes (nicht nur) in New Jersey, einen Riegel vorschieben und erließ einfach ein Startverbot von Fohlen von vierjährigen Hengsten, die noch im Rennbetrieb einsatzfähig sind, für viele hochdotierte Rennen. Soweit, so problematisch – aber natürlich nicht unnützlich für den Sport, da die Zuseher ihre Heroen der Rennbahn brauchen und vice versa das Wettgeschäft die Wettfreudigkeit der Zuseher...
Nun stellt sich die Sache bei den drei mit Abstand besten dreijährigen Hengsten in den USA der Saison 2014, Father Patrick (2,4 Millionen Dollar Gewinne), Nuncio (1,9 Millionen) und Trixton (950.000 $) gänzlich unterschiedlich dar. Hambletonian-Sieger Trixton, möglicherweise der interessanteste der drei Hengste aus der Sicht des Pedigrees, verletzte sich ganz offiziell und kann nun um 12.000 Dollar den Deckgeschäften nachgehen, ohne jemals mehr eine Rennbahn betreten zu müssen. Nuncios Besitzer Stefan Melander war mit den (vielfach als erpresserisch angesehenen) Entscheidungen von Gural nicht einverstanden und brachte den Andover-Hall-Sohn kurzerhand nach Schweden, wo er kürzlich angekört wurde. Melander sagte, dass Nuncio nun die großen Entscheidungen in Schweden wahrnehmen wird, daneben gibt es wohl aber auch schon die eine oder andere Stutenherde zu decken. Bei Father Patrick wählte man den für die USA noch jungfräulichen Weg des Weiterstartens und Deckens, marktschreierisch stellt man dies nun als wahre Sensation dar – und es scheint zu wirken. Vorerst auf 30 Stuten vor allem des Besitzersyndikats begrenzt, erweiterte man das Angebot später auf 60 Stuten, auf der website kann man sich allerdings für weitere (15) Stuten anmelden. Bei einer Decktaxe von 30.000 Dollar eine feine Sache, das ganze Konzept scheint voll aufzugehen.
Wie auch immer, schön andererseits, dass Father Patrick dem Rennbetrieb erhalten bleibt, laut Trainer Jimmy Takter („Ich trainiere ihn jeden Montag und Donnerstag, was dazwischen ist, wird nicht verraten…”) verträgt er die Doppelbelastung bislang ausgezeichnet und wird wie geplant im Mai wieder ins Renngeschehen eingreifen. Sollte die Sache ein Erfolg werden, kann man 2016 durchaus eine Wiederholung erwarten, so Takter.
Father Patrick nimmt die ganze Sache bislang locker. Von Takters Trainingszentrum in East Windsor, New Jersey, sind es nur 20 Minuten bis zur Walnridge Farm, auf der er die ovulierenden Stuten bedeckt, bzw. sein Samen für diese verwendet wird. Das ganze Prozedere dauert fünf Minuten.
Letztlich wird der Erfolg des ganzen Unternehmens aber einzig an Father Patricks Erfolg auf der Rennbahn gemssen werden. In den Staaten hält sich nachdrücklich die Ansicht, wonach Hengste, die einmal die Wonnen des Deckens entdeckt haben, nicht mehr mit vollem Einsatz auf der Rennbahn bei der Sache sind. Es ist nun an Father Patrick als erstem namhaften nordamerikanischen Prototyp, dies entscheidend zu entkräften.
Aus Jimmy Takters Trainingsstall stammt auch die nunmehr vierjährige Stute Shake It Cerry, vergangenes Jahr zum „Trotter of the Year” gewählt. Diese bleibt ebenfalls dem Rennbetrieb erhalten, wird aber dennoch 2016 Mutter. Möglich macht dies der nicht ganz unumstrittene Embryo-Transfer, das Fohlen wird von einer „Leihmutter” ausgetragen. „Ich bin nicht wirklich ein Freund des Embryo-Transfers”, sagt Jimmy Takter dazu, er verstehe jede kommerziell ausgerichtete Zuchtfarm, die dies nicht tut. Allerdings stehe Shake It Cerry im Besitz von Leuten, die ein Fohlen niemals verkaufen würden, somit sei dies eine gerechtfertigte Option. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, könnte man sprichwörtlich anfügen.
Wie auch immer, sollte die „Liaison” der zwei Supertraber erfolgreich sein, hat man allemal ein herrliches Pedigree vor sich, das allen Ansprüchen eines hypermodernen Stammbaumes entspricht. Das Vatertier ist ein Sohn des aktuellen US-Championhengstes Cantab Hall, seine direkte Mutterlinie (Mutter Gala Dream brachte u.a. den in Schweden deckenden Pastor Stephen, die zweite Mutter Maple Frosting u.a. Chocolatier und Sugar Trader) geht auf die legendäre Armbro Flight zurück, Mutter u.a. von Armbro Goal. Dies ist die Mutterlinie der 1861 geborenen Amerikanerin Jessie Pepper, die als viertbeste aller US-Linien apostrophiert wird.
Einen Rang dahinter nimmt die Mutterlinie ein, aus der Shake It Cerry stammt, jene der ebenfalls in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts geborenen US-Stute Sally Sovereign, diese Linie ist auch besser bekannt als die ihrer 1883 geborenen Enkelin Maggie H. Shake It Cerry stammt aus der Super-Vererberin Solveig, Mutter auch von Solvato, Dontyouforgetit und Uncle Lasse.
Insgesamt sieht man im Pedigree des 2016 zu erwartenden Fohlens keine Inzucht in den ersten drei Generationen, dann jeweils 4x4 sowohl auf Garland Lobell als auf Valley Victory. Zudem vereint es die beiden aktuell stärksten Hengstelinien, eben jene von Valley Victory und Garland Lobell bzw. deren erfolgreichen Nachfahren Cantab Hall und Donato Hanover.
2015_03