Die Superstute verbringt ihren Lebensabend produktiv im Stall Venus
(Nikolaus Matzka) – In der heutigen Zeit geht alles sehr schnell, vor allem im Trabrennsport. Auf den wichtigsten seriösen Auktionen in Nordamerika und Schweden ist ein Trend immer deutlicher zu beobachten: Die gefragtesten Jährlinge stammen aus dem ersten Jahrgang eines exzellenten Hengstes (abgesehen von augenblicklichen Dauerbrennern wie etwa Muscle Hill oder Ready Cash) bzw. sind idealerweise Erstlinge von Klassestuten – bei beiden Geschlechtern oftmals gleich nach einer äußerst kurzen Rennkarriere.
Der Star unserer heutigen Geschichte verkörpert exakt das Gegenteil.
Die kanadische Stute Nuke It Linsay war wohl eine der härtesten Rennstuten in der jüngeren Geschichte des Sportes. Die 1992 geborene Garland-Lobell-Tochter kam schon im Mai 1994 auf die Bahn, startete zweijährig zwischen Mai und September 12 Mal (ausschließlich in Montreal), gewann sieben Rennen, wurde dreimal Zweite und zweimal Dritte. Dreijährig, ausschließlich gefahren von ihrem Züchter Patrick „Pat” Lang, siegte sie sechsmal bei 13 Starts, längst war die Traberwelt außerhalb Kanadas auf sie aufmerksam geworden. So veräußerte Lang Nuke It Linsay in Harrisburg, den Zuschlag bekam Deutschlands Fahrerlegende Edelbert Ohmer im Auftrag von Gerd Hölter für 80.000 US-Dollar. Gleichzeitig ging ihre Mutter Atomic Reactor an Hanover Shoe Farms.
Für Gerd Hölter war Nuke It Linsay wie ein Lottogewinn. Die Stute setzte in Europa ihre Einsatzbereitschaft fort, benötigte die Vierjährigensaison zur Eingewöhnung, doch dann ging es in die Vollen. Fünfjährig (23 Starts zwischen März und Dezember!) haftete sie den Bild-Pokal in Gelsenkirchen an ihre Hufe, sechsjährig (ditto 23 Starts zwischen März und Dezember!!) blieb sie in der Weltspitze präsent und wurde u.a. Dritte im „Palio” von Montegiorgio und im Großen Preis von Bild in Gelsenkirchen.
Ihre erfolgreichste Saison hatte Nuke It Linsay siebenjährig (22 Starts von Jänner bis Ende November!!!) im Jahr 1999. Dazu muss gesagt sein, dass die Stute nach dem Prix de Luxembourg im Jänner bis April eine Pause erhielt, dann aber zeichnete Heinz Wewering statt Edelbert Ohmer für Nuke It Linsay verantwortlich. Der Goldhelm, in voller Blüte seines Schaffens, führte die eisenharte Lady zu Siegen im Campionato Europa von Cesena und im GP Citta’ di Montecatini, zum Ehrenplatz im GP della Lotteria, im „Palio” sowie im Großen Preis von Bild.
Das machte sich in der Kasse des Besitzers bezahlt. Nachdem Nuke It Lindsay – sie kam mit Gewinnen von rund 180.000 Dollar nach Europa – achtjährig am 3. Dezember 2000 ihr letztes Rennen bestritten hatte, zeigte ihr Gewinnkonto rund 800.000 Euro bei einem Rekord von 1:11,5 (in Recklinghausen), diesen ist sie in ihrem drittletzten Rennen achtjährig gelaufen!
Die Stute startete insgesamt 111 Mal, gewann davon 45 Rennen und war weitere 32 Mal Zweite oder Dritte – eine wahre Championesse!
Nach der Rennkarriere folgte eine kurze Flaute. In der Zucht war Nuke It Linsay in den ersten Jahren nicht erfolgreich. Doch auch da bewies und beweist die nunmehr 25-jährige Dame Ausdauer, ihre Nachkommenschaft steigerte sich praktisch von Fohlen zu Fohlen, wie die nachstehende Tabelle beweist. Ihr Sohn Celebration XL ist weiterführend Deckhengst im Stall Venus und gibt nun auch so das Vermächtnis seiner Mutter weiter.
Die Nachkommen von Nuke It Linsay auf einen Blick:
2002 Myrrdin (GER) o.R., H. v. Bosphorus
2003 Morgane (GER) 1:18,7 – 1.475 EUR, St. v. Bosphorus
2004 Epona (GER) 1:16,9 – 6.100 EUR, St. v. Pine Chip
2005 Sunrise Star (GER) 1:12,7 – 58.498 EUR, W. v. Coktail Jet (über Schweden nach Finnland exportiert)
2006 Celebration XL (GER) 1:12,6 – 41.047 EUR, H. v. Oscar Schindler SL (als Deckhengst nach Tschechien exportiert)
2009 New Generation (GER) 1:12,6 – 67.353 EUR, H. v. Oscar Schindler SL
2010 Galaxy XL (GER) Q 1:21,7, W. v. Oscar Schindler SL
2017 NN (AUT), H. v. Light Kronos
Dabei fällt natürlich sofort auf, dass die Stute von 2010 bis 2017 kein Fohlen auf die Welt brachte. Was war passiert? Auf Nachfrage bei meinem Freund Johann Hochstaffl berichtet dieser: „Ich habe über Heinz (Wewering) Celebration XL als Deckhengst gekauft. Gerd Hölter sagte mir, dass Nuke It Linsay nicht mehr aufnimmt und gab mir die Stute. Nachdem ich ein altes Hausmittel aus Tirol meines Vaters eingesetzt habe, wurde die Stute tatsächlich noch einmal trächtig und bekam ein prächtiges Hengstfohlen, von dem ich mir beim heurigen Hof-Fest einen dementsprechenden Preis erwarte.”
Nuke It Linsay wird auch heuer wieder von Light Kronos (S J´s Photo – Luck Of The Day – Mr Lavec), dem absoluten Shooting-Star der österreichischen Deckhengste-Szene, gedeckt. Selbstverständlich lobt Hochstaffl seinen neuen Stallion-Star nur in den höchsten Tönen: „Ein fantastischer erster Jahrgang, doch auch die anderen Pferde von ihm sehen blendend aus. Ich möchte da vor allem auf das heurige Fohlen aus der Petit Four Diamant (Chocolatier – Norway But My Way 1:10,2 – Donerail) aufmerksam machen.”
Das Pedigree der Marathon-Lady:
Nuke It Linsay stammt aus dem fünften Jahrgang der aus Kanada ausgegrabenen Wundertüte Garland Lobell, dessen Ruhm mit der Zeugung von Conway Hall (1995), Angus Hall (1996) und Andover Hall (1999) begann, sein mit Abstand gewinnreichster Nachkomme war die Stute Cameron Hall, die über zwei Millionen Dollar gewann.
Die Mutterlinie ist jene der 1887 in Amerika geborenen Stute Miss Copeland, die gespickt ist mit trabenden Superstars, augenblicklich allen voran der außergewöhnliche Nuncio. Diese Mutterlinie ist allerdings auch eine formidable Pacer-Linie.
Die Höhepunkte der Mutterlinie von Nuke It Linsay
Abschließend soll noch erwähnt sein, dass Nuke It Linsays Vollbruder Nuke It Freddie ebenfalls in Harrisburg von einer deutschen Reisegruppe gekauft wurde, dies um 9.000 Dollar. Der Hengst war durchaus vielbeschäftigt in Deutschland (121 Nachkommen in 6 Jahrgängen), ließ es aber letztlich doch an Durchschlagskraft vermissen und wurde in älteren Jahren nach Russland verkauft, wo er Vater der überdurchschnittlichen Stute Antichnaia wurde.
Länder, in denen Nuke It Linsay ihre Spuren hinterlassen hat (chronologisch):
Kanada
USA
Deutschland
Norwegen
Niederlande
Italien
Dänemark
Frankreich
Schweden
Medienquerschnitt:
Hamburger Abendblatt 1999 – Nuke It Linsay nach Italien
Hamburger Morgenpost 1999 – Die 12-Millionen-Dame (ein „typischer” Boulevardartikel…)
Fotoalbum Nuke It Linsay – Hengstfohlen Light Kronos von Ilona Kubiková
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